Asset-Rich Start-Ups
Industrieunternehmen verfügen über einzigartige Kompetenzen und vielfältige Vermögenswerte, die im Rahmen der De-Industrialisierung unwiederbringlich zerstört werden. Bestehendes Personal, Maschinen und Strukturen werden bei Wandelprozessen und in Krisen häufig als Einschränkung wahrgenommen. GRANTIRO erforscht, wie bestehendes Knowhow und Infrastruktur in “Asset-Rich Start-Ups” für neue Geschäftsmodelle und als Beschleuniger für die Transformation von Industrieunternehmen genutzt werden können.
Hintergrund
Industrieunternehmen haben ein einzigartiges Geflecht von Menschen, technischen Anlagen, Kunden, Märkten und anderen Komponenten aufgebaut, das in erheblichen Teilen nicht dokumentiert ist. Es beruht auf den Erfahrungen, Hintergründen und Erwartungen der Menschen im Unternehmen. Die Unternehmen sind reich an Vermögenswerten (“Asset-Rich”).
Die Restrukturierung bzw. Sanierung von Industrieunternehmen ist geprägt von Kosteneinsparungsmaßnahmen, dem Abbau von Personal, einem Zurechtstutzen des Unternehmens auf eine wirtschaftlich machbare Größe oder dem Verkauf an Investoren. Dies kann im Einzelfall notwendig sein, in anderen Fällen aber unüberlegt negative Folgewirkungen auf das System im Unternehmen sowie unsere Wirtschaft und Gesellschaft haben.
Durch den Abbau großer technischer Anlagen und Personal gehen verschiedenste und häufig einzigartige Vermögenswerte in Industrieunternehmen für immer verloren. Im Rahmen der voranschreitenden De-Industrialisierung hat dies hat zur Folge, dass das Fundament und damit die Leistungsfähigkeit unserer Wirtschaft dauerhaft reduziert wird.
Gleichzeitig steigt die Nachfrage nach Industriefachkräften und Produktionskapazitäten für die Umsetzung und Skalierung modernster technischer Produkte und Lösungen, die ein hohes Maß an Knowhow und Qualität voraussetzen. Der Aufbau von Infrastruktur und Personal auf der grünen Wiese ist dabei in den meisten Fällen äußerst kosten- und zeitintensiv. Immer häufiger macht dies eine Ansiedlung neuer Industrieunternehmen innerhalb unserer Wirtschaft unattraktiv.
Es bietet sich an, im Rahmen von Restrukturierung bzw. Sanierungsverfahren, die vorhandenen Vermögenswerte in Industrieunternehmen wie z. B. Maschinen und Anlagen (Infrastruktur), Patente und Knowhow sowie das Engagement der Menschen für die Umsetzung von neuen Geschäftsmodellen mit Zukunft weiterzunutzen.
Innovative Geschäftsmodelle, die von etablierten Unternehmen vorangetrieben werden, sind attraktiv für Investorengruppen, die in klassische Sanierungssituationen nicht investieren würden. Gelingt es also unter Einbindung der Mitarbeiter.innen und mit passenden Instrumenten des Innovations- und Transformationsmanagements neue Geschäftsmodelle zu entwickeln, können neue Investorengruppen als potenzielle Geldgeber gewonnen werden.
Anders als digitale Start-Ups haben es industrielle Gründungen schwer, überhaupt in die Startphase zu gelangen. Die Investitionen bis zur Produktreife sind vergleichsweise hoch. Der Marktangang erfolgt deutlich langsamer. Die Kombination aus technologischer Innovation, dem der Aufbau eines Geschäftsmodells mit Zukunft und der Nutzung der vorhandenen Industrieinfrastruktur und -fachkräfte bietet eine attraktive Assetklasse für Investoren.
Der Neustart von Industrieunternehmen auf der Basis bestehender Strukturen kann durch die Anwendung von etablierten Methoden aus Venture Building und Organisationsdesign strukturiert, beschleunigt und die damit einhergehenden Risiken minimiert werden. In den meisten Fällen der Restrukturierung bzw. Sanierung von Industrieunternehmen finden diese Methoden jedoch noch keine Anwendung.
Wenn es darum geht Unternehmen und Organisationen in ungewissen Zeiten für die Zukunft unserer Wirtschaft und Gesellschaft zu erhalten, ist es wichtig sich damit zu beschäftigen, wie das Konzept der Asset-Rich Start-Ups in der Restrukturierung bzw. Sanierung genutzt werden können.
Fragestellungen im Think&Do Tank
- Wie können Methoden von Start-Ups und Venture Building für die Transformation von Industrieunternehmen als “Asset-Rich-Start-Ups” angewendet werden?
- Wie kann die Geschäftsleitung vorhandene Schlüsselkompetenzen und bestehende Vermögenswerte durch den Aufbau von Asset-Rich Start-Ups für die Restrukturierung präventiv und in der Krise nutzen?
- Wie können Arbeitnehmervertreter mit den Menschen im Unternehmen den Aufbau von Asset-Rich Start-Ups vorantreiben, um ihre Zukunftsperspektiven am Standort zu sichern?
- Wie können Gesellschafter durch Asset-Rich Start-ups eine höhere Wertschöpfung der vorhandenen Schlüsselkompetenzen und bestehenden Vermögenswerte realisieren als es durch klassische Restrukturierungsinstrumente möglich ist?
- Wie kann die Öffentlichkeit durch die Unterstützung des Aufbaus von Asset-Rich Start-ups Schlüsselkompetenzen und Industriekerne erhalten im Sinne der zukunftsfähigen Volkswirtschaft?
- Wie kann das Konzept der Asset-Rich Start-ups in der Volks- und Betriebswirtschaftslehre abgebildet und als Instrument der Restrukturierung etabliert werden?
Die Position von GRANTIRO
- Für den Erhalt und Ausbau der noch bestehenden Industriekompetenzen in unserer Wirtschaft sollte sich die Restrukturierung und Sanierung den Methoden aus dem Bereich der Kommerzialisierung von Innovation durch Start-Ups und durch Venture Building öffnen.
- Für die schnelle Umsetzung der Transformation von Geschäftsmodellen in Unternehmen und Organisationen können erprobte Methoden von Start-Ups und Venture Building in Asset Rich Start-Ups genutzt werden.
- Das Konzept der Nutzung vorhandener Schlüsselkompetenzen und bestehender Vermögenswerte in Unternehmen für den Aufbau von Asset-Rich Start-ups sollte in die akademische Lehre der Volks- und Betriebswirtschaft verankert werden.