Ist Ihr Geschäftsmodell zukunftsfähig?
24.10.2017, Handelsblatt
von Dr. Wolf-R. von der Fecht & Peter Rasenberger
Der Quickcheck zu dieser Frage ist schnell gemacht: Blicke in ein Elektrofahrzeug und prüfe, ob Deine Produkte darin vorkommen. Ein „fossiler“ Antrieb umfasst rund 2.000, ein elektrischer nur 80 Komponenten. Das Elektroauto wird weiter Marktanteile erobern, schon weil China es so will. In einer chinesischen Zehnmillionenstadt ist sichtbar, dass China nicht mehr Elektromobilität diskutiert sondern macht – sogar das Verbot von Verbrennungsmotoren wird erwartet. Wer im Elektroauto nicht vorkommt, muss also etwas tun.
Globalisierung, Digitalisierung und verändertes Kundenverhalten sind die weiteren Mega-Treiber. Die Automobilindustrie ist im Umbruch; manche sprechen von Revolution oder Disruption. Dies ist längst nicht mehr neu. Der Veränderungsdruck und die Veränderungsgeschwindigkeit steigen allerdings enorm. Chancen und Risiken sind besonders bei der Zulieferindustrie ungleich verteilt.
Die Aussichten für Hersteller von Elektromotoren sind anders als für Gießereien. Da Unternehmen meist keine wendigen Sportwagen sind, muss früh gehandelt werden. Vogel Strauß ist kein Ratgeber. Und eines ist sicher: Die großen Hersteller werden diesen Strukturwandel nicht bezahlen.
Heerscharen deutscher Automobilmanager pilgern ins Silicon Valley und suchen vergeblich nach dem Ei des Kolumbus. Erfolgreiche Geschäftsmodelle bestehen auch in Kalifornien aus den Elementen (End-)Kunde, Angebot und Produktionsfaktoren. Die Kundenorientierung erscheint besonders ausgeprägt. Nachdenklich stimmt, dass die meisten neuen Angreifer vor 10 Jahren noch gar nicht existierten. Ein Geschäftsmodell darf daher nicht mehr nur auf die klassischen Automobilhersteller fokussiert werden.
Auf das Erkennen muss ein Handeln folgen. Die Automobilindustrie hat zwar die Autokrise 2008/2009 finanziell abgewettert. Die Wenigsten haben aber Erfahrungen mit einer tiefgreifenden Neuausrichtung des Unternehmens. Niemand darf sich daher scheuen, für die Überprüfung des Geschäftsmodells und die Anpassung der organisatorischen und (steuer-)rechtlichen Rahmendaten externe Hilfe in Anspruch zu nehmen. Falsche Weichenstellungen kosten noch mehr Zeit und sind teurer als ersparte Hilfe.
Wie finde und implementiere ich ein neues Geschäftsmodell?
Jedes Geschäftsmodell hält nur so lange, bis es von einem Anderem verdrängt wird, welches die Wünsche der Kunden besser widerspiegelt. Der kluge Unternehmer ist wachsam und überprüft stets selbst kontinuierlich sein Geschäftsmodell. Was aber, wenn sich durch einen technologischen Fortschritt das wirtschaftliche Koordinatensystem eines Unternehmens abrupt ändert, vielleicht sogar mehrfach in Folge? Denken Sie an die schnellen Wechsel von der analogen Vinylschallplatte über die CD (gleicher Inhalt, gleiches Geschäftsmodell, neue Paketierung), den Download (gleicher Inhalt, neues Geschäftsmodell: Austausch Vertriebsweg und ggf. Veröff entlicher) bis zum heutigen Streaming (wie Download mit gleichzeitiger Verdrängung der Radiosender).
Wie kommt das Neue in die (Unternehmens-) Welt und wie können wir davon ein Teil sein? Diese Fragen sind gedanklich so einfach zu beantworten wie sie praktisch und psychologisch schwierig zu lösen sind. Die wichtigste Voraussetzung ist die innere Öffnung für eine Veränderung, d.h. sowohl die organisatorische als auch psychologische Orientierung auf etwas Neues. Gerade in scheinbar sehr erfolgreichen Unternehmen bereitet diese Hürde die größten Schwierigkeiten. Wer ändert schon gern den Pfad des bisherigen Erfolges? Nur wer Lust auf etwas Neues entwickelt, wird entschlossen eine Veränderung erreichen.
Das Neue ist ungewiß und mit besonderen Risiken verbunden. Wie komme ich auf neue Ideen, die meine Chancen erweitern, ohne dass ich existentielle Risiken eingehen muss? Auch für diese Frage existieren erprobte Methoden, die gedanklich leicht nachvollziehbar sind.
Es ist im Kern die Einbindung des Unternehmens in Fragen, die traditionell als „Chefsache“ in engsten Zirkeln behandelt wurden. Mit den Techniken der Business Model Innovation (BMI) machen sich Mitarbeiter des Unternehmens und externe Experten gemeinsam auf, um zunächst neue Ideen zu „produzieren“. Das Neue steckt in der Regel nicht im Kopf einzelner genialer Erfi nder, sondern ist viel öfter das Produkt von engagierten Teamleistungen. Warten Sie nicht auf einen klugen Einfall. Nutzen Sie die Talente und das Potential Ihres Unternehmens!